Panzerkreuzer Potemkin

Panzerkreuzer Potemkin (Original: Bronenosez Potjomkin), UdSSR 1925
DVD-Fassung 2004, zum 45. Jahrestag des Ereignisses von 1905

Stummfilmklassiker mit sehr hohem Anspruch. Dieser Film wird allgemein als der beste europäische Film aller Zeiten gelobt. Sicherlich ist da ein Funken Wahrheit daran, wenngleich ein Werk, wie z.B. Metropolis, mindestens im gleichen Atemzug genannt werden muss.

Die Vorgeschichte:
Der Film, der den russischen Matrosenaufstand von 1905 beschreibt wurde von Eisenstein 1925 anläßlich des 20. Jahrestages inszeniert und 1926 uraufgeführt. Gerade die Inszenierung ist so besonders wichtig für die Berühmtheit dieses avantgardistischen Filmes.
Die Filmtechnik wurde 1895 von den Brüdern Lumieré (Frankreich) erfunden. Diese präsentierten Bewegtbilder in bezahlten Vorführungen und begründeten dadurch gleichzeitig die Entstehung des Kinos. Ein weiterer Franzose, George Mèliès, bediente sich wenige Jahre später, Anfang 1900 dieser neuen Filmtechnik, um Geschichten mit Filmtricks filmisch zu erzählen, zu inszenieren.

Der Regisseur:
Sergej M. Eisenstein schuf zu dieser Zeit Theateraufführungen und wurde 1906 auf Mèliès aufmerksam und war von der Kunst der Inszenierung beeindruckt. Eisenstein begann, seine Theatererfahrung in den Film zu übertragen. Mit Panzerkreuzer Potemkin ist ihm diese theatralische Inszenierung und Filmmontage so professionell gelungen, dass die filmisch umgesetzte Tragödie von den wahren Begebenheiten zu dieser Zeit bis heute nichts an ihrer atemberaubenden Wirkung verloren hat. Das Original wird in 5 Akten erzählt, die Akte sind Bestandteil des Films und werden im Original als Schrifttafeln gezeigt.
Eisenstein zählt zum wichtigsten Regisseur und Filmtheoretiker, den Russland bis heute hervorgebracht hat.

Der Filminhalt:
Der Film erzählt in dramatischen Bildern, die vom Kameramann Eduard Tisse in vielen Nahaufnahmen fotografiert wurden, eindrucksvoll den Matrosenaufstand von 1905, sowie die nach der Niederlage des russisch-japanischen Krieges entstehenden sozialen und politischen Konflikte im Zarenreich.
Die Matrosen des Panzerkreuzers “Fürst Potemkin”, der zu diesem Zeitpunkt vor der Stadt Odessa (heutige Ukraine, am Schwarzen Meer) lag, weigerten sich, weiterhin verfaultes Fleisch zu essen, sowie der dauerhaften Schlechtbehandlung durch die Offiziere des Schiffes nachzugeben.
Der Anführer der Matrosen Wakulintschuk wurde zwar beim Aufstand durch die Offiziere getötet, erreichte aber durch seinen Tod solch eine gewaltige Anteilnahme und Aufmerksamkeit durch die Menschen der Stadt Odessa, daß diese den Matrosen u.a. mit Nahrung halfen. Die Menschen strömten in Scharen an den Hafen und versammelten sich an der monumentalen Hafentreppe. Hier unternahm das Zarenregiem einen grausamen Gegenschlag. Dieser ging mit der berühmten “Treppenszene von Odessa” in die Filmgeschichte ein. Die wohl dramatischste Szene des ganzen Films ist dabei die Tötungsszene der Mutter mit ihrem Kind auf dieser Treppe.
Im letzten Akt spielt die Potemkin eine Schlüsselrolle im Gegenschlag gegen die ankommenden Admiralsgeschwader und wird somit zur ersten wichtigen historischen Begebenheit in der damit beginnenden russischen Revolution.

Die Hintergründe:
Stummfilme waren bekanntlich nie stumm und wurden passend zumeist mit Klavier begleitet. Die Originalkompositionen zu Panzerkreuzer Potemkin wurde vom Komponisten Edmund Meisel in Zusammenarbeit mit Eisenstein 1926 geschrieben. Diese Filmmusik hatte großen Anteil an dem sensationellen Erfolg des Films. Trotz des Verlustes der Originalnoten konnten die Meiselschen Kompositionen heute wieder rekonstruiert werden. Eisenstein bediente sich auch einer ausgewählten Typografie in den gezeigten Schrifttafeln und machte diese zum Bestandteil seiner Inszenierungen.
Das damals in den Kinderschuhen steckende Kino verlor mit diesem Film Einsensteins’ seine Unschuld. Dieses Werk beeinflusste nachhaltig die Filmkunst.

Die vorliegende DVD:
Diese DVD-Fassung zeigt leider eine von 1949 gekürzte Fassung des Moskauer Filmstudios aus dem Staatsarchiv der Deutschen Demokratischen Republik. Die Fassung wurde umgeschnitten, die Schrifttafeln zu den Akten unverständlicherweise ersatzlos entfernt, sowie Tötungsszenen entschärft. Die Akt-Tafeln sind eigentlich wichtig, da sie den Spannungsbogen des Films beschreiben: 1. Akt Schlechtbehandlung der Matrosen, 2. Akt Meuterei, 3. Akt Anteilnahme der Menschen Odessas, 4. Akt Niederschlagung durch die Zaren, 5. Akt Revolution. Das Fehlen der Akttafeln erschwert den Überblick über diese Handlungsabschnitte. Leider sind nicht nur die originalen Schrifttafeln verschwunden, die ein wichtiges Stilmittel für den Film waren, sondern es sind auch die Texte verändert und an DDR-Zensur angepaßt worden.
Zensiert wurde der Film auch schon direkt nach seiner Veröffentllichung, sowie in den 20er Jahren, aber auch in der Zeit des Dritten Reiches und gehört damit zu den berühmten Zensurbeispielen seiner Geschichte. Interessante Zensurgutachten zu diesem Film finden sich auf den Webseiten des Deutschen Filminstitutes.

Der Film verliert nicht nur fast 12 Minuten Laufzeit (hier: 63 Minuten-Fassung), sondern auch wesentliche dramatische Elemente, die die erschütternden Szenen von damals beschreiben.
Äußerst bedauerlich ist in dieser Fassung auch die neu dazu gemischte Filmmusik von Nikolai Krujukow, die zwar die wichtigsten Szenen wesentlich dramatischer unterstreichen, aber eben nicht mehr, wie von Eisenstein gewollt, die Originalkompositionen beinhaltet.
Positiv zu bewerten ist die nicht mehr vorhandene sehr kitschige rote Einfärbung der Russischen Flagge am Ende des Films.
Technisch gesehen ist das Blow-up auf 4:3-TV-Format zu groß geraten, so daß nicht mehr alle Schriften der “neuen” Tafeln gut lesbar sind.
Eine Geschmacksfrage ist auch die an manchen Stellen, wenn auch sehr moderat gemachte, Geräuschunterlegung einzelner Szenen (Eisenbahnfahrgeräusche, Jubel der Matrosen), verändert sie doch die Einfachheit und Echtheit der damaligen Fassung.
Die vorliegende Fassung wurde auch für DDR-Zwecke am Anfang und Ende mit einem “sozialistischen Kommentar” ausgestattet, das die heroischen Erfolge der Revolution von damals unterstreicht. Alle Änderungen sind nicht auf der DVD-Verpackung vermerkt und werden somit quasi zu einer Mogelpackung.

Man sollte also beim Betrachten dieser Fassung durchaus ein kritischer Zuschauer bleiben.
Nichts desto Trotz ist das erste Betrachten des Films, auch mit dieser Fassung, ein wahres Erlebnis und ich garantiere absolute atemlose Spannung und bewegende (Mit)-Gefühle über die komplette Filmlänge.

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