Marlen Haushofer Die Wand, 1963

Robinson Crusoe Geschichte, Identitätskrise, Neuanfang

Die Wand ist eines der Bücher, die man wirklich in einem Zug durchliest. Klasse Buch. Diese Erzählung ist eine Parabel, die die Welt, die Menschen, die Gesellschaft widerspiegelt. Die Frau, die eines morgens in einem Jagdhaus im Wald erwacht und hinter einer Wand eingeschlossen ihr Leben mit einer alten Katze, dem Hund Luchs und der Kuh Bella verbringt, ist neben einer spannend erzählten Geschichte mit Tieren eine sehr sozialkritische Erzählung. Warum hat die eingeschlossene Frau nie versucht, die Wand zu zerschlagen, z.B. mit einer Axt oder anderen Werkzeugen? Im Verlauf der Erzählung bemerkt man, daß die Wand stellvertretend für unsere Gesellschaft steht, das Ergebnis von Vereinsamung, Identitätskrise, aber auch die Welt, wie Sie nach dem endlosen Zerstreiten der Menschen und nach einem Supergau der berühmten Stunde X wieder von vorne anfängt zu leben, bereinigt von allem Schlechten.

Dies liest man allerdings natürlich nur zwischen den Zeilen, aber das macht die Geschichte ja so spannend. Sie zeigt auf, wie sehr wir doch in der heutigen Gesellschaft voneinander abhängig sind und wie sehr jeder einzelne Handgriff automatisiert wurde.
Die Geschichte selbst ist ein Spiegel aus dem Leben der Autorin, die selbst oft genug gefangen war hinter Wänden aus denen Sie nicht ausbrechen konnte und vermutlich deshalb so jung mit gerade erst 50 Jahren an Krebs verstarb.

Dieses Buch ist Kult. Allerdings nicht nur wegen der hochspannenden Tiererzählungen, sondern der Erkenntnisse wegen, die man daraus ziehen sollte.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert