Dr. Brian May hätte es viel leichter gehabt, seine neue Band “Queen + Paul Rodgers” besser “Brian May, Roger Taylor & Paul Rodgers” zu nennen. Seine Fans wären damit bestimmt besser bedient gewesen. Ohne Freddie Mercury kann es kein Queen mehr geben. Abgesehen von der Situation des neuen Sängers Rodgers, der nun mal nichts dafür kann, dass Freddie Mercury nicht mehr lebt, zeigt das neue Album eine bodenständige Arbeit. Nicht das beste Album, das kann auch zukünftig nicht mehr so sein, aber gewohnte Queen-Sounds. Man kann, darf und sollte seiner Fantasie freien Lauf lassen, wie Freddie diese neuen Songs interpretiert hätte.
“Kunst kommt von Können”, “Wulst kommt von Wollen”, wie es in einer süddeutschen Redensart heißt, es ist nicht immer klar, was die Rumpfmannschaft der Original-Queen-Band May-Rogers wollen. 17 Jahre nach dem Ton von Freddie Mercury und 13 Jahre nach dem letzten Studioalbum liegt nun endlich wieder ein neues Queen-Studioalbum mit brandneuen Kompositionen vor. Es wird klar, dass die mittlerweile gealterten Rocker es noch können und die Scheibe nicht unbedingt nacht “Alt-Herren-Rock” klingt, sofern man den Begriff negativ deuten möchte. Sie können es aber auch nicht sein lassen. John Deacon hat hier eine klare Trennlinie gezogen und ist nicht mehr mit dabei.
May, Taylor und Rodgers bündeln ihr musikalisches Können zu einem Kraftwerk aus purem Rock, der manchmal an die frühen Zeiten der alten Band anknüpft. Die starken Songs sind Cosmos Rockin’ (eine Anspielung an das Dissertationsthema von Brian May) , Still Burnin’, Voodoo, C-lebrity oder z.B. Say it’s not true. Die “Small reprise” am Ende des Albums erinnert mich sehr an die “Große” Reprise aus Freddies’ letztem Queenalbum “Made in Heaven”, das ist nach wie vor eines der traurigsten Kapitel. Immer wieder sind die fetten Gitarrenriffs zu hörem, die wirklich typischen Riffs, die den ureigenen Queensound ausmachen, auch die mehrstimmig gesungenen Chöre im Hintegrund, die z.B. an Bohemian Rhapsodie erinnern, tragen dazu bei. Es ist mehr das maskuline Gehabe im Spiel und weniger die intelligente Inszenierung eines Freddie Mercury, der es verstanden hätte, aus der Platte ein dramatisches Werk zu kreieren, die Diva zu spielen und eine glamoröse Präsentation in kompromisloser Perfektion darzubieten. Kein “Hey”, kein “Yeah”, kein einziger langesungener Ton, das ist es, was der Fan vermisst. Es ist aber auch der berechtigte Fehler, dem man als Hörer unterliegen darf, zeigt es doch, dass man aus dem Vergleichen zwischen den Sängern niemals loskommen wird. Man darf das tun, sollte es aber trotzdem nicht bewerten. Freddie Mercury ist einer der besten Rocksänger aller Zeiten, wenn nicht vielleicht sogar der größte! Es wäre vermessen, Maß anzulegen.
Cosmos Rockin’ ist eine eingängige Rock’n’Roll Nummer, C-lebrity großer Pop, mit Voodoo atmet man eher den Spirit of Blues. Ein bisschen Wehmut kommt schon auf und man ist froh, neue vertraute Klänge, die (kompositorisch und gitarrenmäßig) überwiegend von Brian May kommen, hören zu dürfen. Gefreut hat mich, im Song ‘Say It’s Not True’ Roger Taylors Stimme zu hören, der wie gewohnt erstaunlich hoch singen kann und Freddies “Hochtöner” bei Livekonzerten im Hintergrund mitgesungen und ersetzt hat. Allein das (wieder) zu hören, hat mich glücklich gemacht und den Kauf der Platte gerechtfertigt. Rodgers ist nicht der Sänger, der sich die Seele aus dem Leib schreit. An manchen Stellen wäre aber genau das angebracht gewesen. Ob er sich nicht getraut hat oder es nicht kann, sei dahingestellt. Es hätte der Platte gut getan.
Schade dass einer der weltbesten Bassisten, John Deacon, nicht mehr mit dabei sein möchte. Man kann es aber verstehen.
Das Album ist Freddie Mercury gewidmet. Eine kluge Entscheidung, die keine Alternative zuläßt.